Guatemala verließen wir schweren Herzens, obwohl sich das Land auf seinen letzten Kilometern von seiner hässlichsten Seite zeigte: die Straßenränder rechts und links waren übersäht mit Müll.
Die Einreise in das kleinste Land Mittelamerikas, war unkompliziert und dauerte nur knapp eine Stunde.
El Salvador hat die höchste Bevölkerungsdichte Zentralamerikas mit insgesamt mehr als 6,5 Mio. Einwohnern.
Bis 1991 tobte hier ein grausamer Bürgerkrieg, bei dem 70.000 – 75.000 Menschen zu Tode kamen.
Regierungsfreundliche Todesschwadronen, die salvadorische Polizei, sowie das Militär „kämpften“ gegen eine Guerilla, die sich aus Kommunisten, Christen und Gewerkschaften zusammensetzte.
Die Verlierer waren klar, woraufhin unzählige Salvadorianer ihr Land verließen.
Die sozialen Probleme blieben auch nach dem Ende des Bürgerkriegs bestehen, dazu waren die jeweiligen Regierungen zu korrupt.
Der soziale Gegensatz zwischen der verarmten Mehrheit der Bevölkerung und dem kleinen Teil derer, denen ein Großteil der Ressourcen gehört, ist riesig und mit Europa nicht vergleichbar.
Bis vor mehreren Jahren lag El Salvador an der Weltspitze, was die Höhe der Mordrate anging: 103 Tötungen pro 100.000 Einwohner (2015). Mittlerweile ist die Mordrate auf 51 im Jahr 2018 gesunken – in Deutschland liegt sie bei 0,7 (2019).
Das alles änderte sich mehr oder weniger schlagartig, als 2019 Nayib Bukele zum Präsidenten gewählt wurde.
Bukele erklärte der Bandenkriminalität den Kampf. Bis Ende 2022 wurden 58.000 Bandenmitglieder verhaftet.
Seit März 2022 herrscht in El Salvador der Ausnahmezustand, wodurch Verhaftungen auch ohne Haftbefehl durchgeführt werden können, was Menschrechtsorganisationen kritisieren.
Aber die Mehrheit der Salvadorianer fühlt sich jetzt endlich sicher im eigenen Land.
Viele, die dem Land den Rücken gekehrt hatten, kamen jetzt als Besucher zurück und konnten sich erstmalig frei im eigenen Land bewegen.
Ein älterer Herr erzählte uns, dass man vor drei Jahren nicht von einer Stadt in die nächste fahren konnte. Man musste immer damit rechnen, von rivalisierenden Bandenmitgliedern erschossen zu werden.
Bukele sorgte auch dafür, dass neben der offiziellen Währung, dem US-Dollar (ja, es gibt keine Salvadorianische Währung) der Bitcoin als zweites offizielles Zahlungsmittel zugelassen wurde. Der Staatshaushalt El Salvadors wird in Bitcoin finanziert.
Der Tourismus liegt hier noch in den Kinderschuhen. Es gibt natürlich Hotels, Hostels und Motels, aber kaum Campingplätze, die diesen Namen verdient hätten.
So haben wir fast immer gegen Bezahlung entweder auf Parkplätzen in Nationalparks übernachtet, oder privat bei Leuten, die ihre Wiese, oder ihr Strandgrundstück zur Verfügung stellten.
Wir wurden leider so manches Mal enttäuscht, wenn es auf der iOverlander App hieß, dieser „Campinglatz“ hätte Duschen und WC.
Mehr als einmal stellten sich die Duschen als Wasserfässer mit Schüsseln raus und die WC waren lediglich Keramikschüsseln ohne Wasseranschluss – auch hier mussten wir schöpfen…
Aber im Großen und Ganzen hat uns das Land sehr gefallen, auch Dank ihrer überaus freundlichen Bewohner.
Gleich bei unserem allerersten Stopp auf einem Supermarktparkplatz, wurden wir von einem Einheimischen mit „welcome to El Salvador“ begrüßt und im Laufe des Gesprächs bekamen wir zwei Kaffeebecher geschenkt von seinem Motorradclub.
Dieses welcome haben wir in El Salvador noch häufiger zu hören bekommen, als in Kanada, wo es uns auch schon so gerührt hatte.
Sobald Menschen auf uns aufmerksam wurden (der Unimog ist nun einmal sehr laut…), wurde gehupt, gewunken und gelächelt – ich kam mir beim zurück winken fast wie ein Star vor 😊
Da es in der Tiefebene sehr heiß war, entschieden wir uns erstmal in die höheren Regionen der Vulkane zu fahren.
Vorher lag allerdings noch ein spektakulärer Wasserfall auf dem Weg, bei dem wir auch unsere erste Nacht in El Salvador verbringen wollten.
Das Problem war nur, das Wasser des Flusses wird von einer geothermisch erhitzten Quelle gespeist.
Das Wasser hatte ca. 45 Grad und war somit alles andere, als eine Abkühlung.
Am nächsten Morgen gings weiter in die Provinzhauptstadt Santa Ana.
Eigentlich wollten wir hier übernachten und hatten den Unimog bereits in einer ruhigeren Seitenstraße geparkt.
Aber nach unserem Rundgang durch die Stadt, die doch eher einen maroden Charme versprühte und ihre ehemals prachtvollen Bauwerke alle dem Verfall entgegen gammelten, entschieden wir spontan hoch in die Berge bzw. auf den Vulkan Santa Ana zu fahren.
Die Route ging mal wieder ein paar km auf der „Panamericana“ entlang.
Dann ging die Strecke recht steil hoch in die Berge, vorbei an unzähligen Kaffeeplantagen.
Die Luft wurde merklich kühler – was für ein Genuss!
Der 2.381 m hohe Vulkan Santa Ana war 2005 zum letzten Mal ausgebrochen und hatte durch einen Erdrutsch zwei Kaffeepflücker unter sich begraben.
Am nächsten Morgen wollten wir ihn in aller Frühe erklimmen, aber hier ging nichts ohne Guide.
Vor einiger Zeit war ein Wanderer in den Kratersee hinabgefallen und tödlich verunglückt.
Wir warteten also, bis sich eine Gruppe gebildet hatte und dann gings im Gänsemarsch hoch.
Leider war der Himmel stark bewölkt, sodass sich unsere Aussicht auf den gegenüberliegenden Vulkan Izalco und die Umgebung drum herum, leider in Grenzen hielt.
Der Aufstieg war zwar nichts im Vergleich zum Acatenango, aber ins Schwitzen kamen wir trotzdem.
Oben am Kraterrand angekommen, hatten wir dann einen spektakulären Blick in den Krater und auf den giftgrünen Kratersee unter uns.
An vielen Stellen des Kraters kamen giftig gelbe Schwefelrauchschwaden aus dem Vulkan.
Es war beeindruckend schön da oben.
Nach einer guten halben Stunde gings wieder runter und da Samstag war, kamen uns Massen von Wanderern entgegen.
Wie gut, dass wir als eine der ersten Gruppen hoch gewandert sind.
Wir blieben zwei weitere, kühle Nächte oben bei den Vulkanen, bevor es wieder runter ging, in tiefer gelegenen Regionen.
In der Nähe der kleinen Ortschaft Juayua übernachteten wir auf einem Bauernhof und hatten Schweine, Pferde, einen Esel und Gänse als Nachbarn.
Die Übernachtung war sogar kostenlos. Wir aßen aber fairerweise in ihrem kleinen Hofrestaurant und so bekam ich die Gelegenheit Pupusas, das Nationalgericht der Salvadorianer, zu probieren. Pupusas sind Maismehl-Tortillas mit meist deftigen Füllungen. Meine Käse/Knoblauch Pupusas haben mich aber nicht gerade vom Hocker
gehauen…
Nach dem kräftigen Gewitter am frühen Abend, regnete es sich nachts so richtig ein.
Blöd nur, dass wir für den nächsten Tag eine Wanderung zu den 7 Wasserfällen geplant hatten.
Auch hierfür brauchte man einen Guide (und den brauchten wir wirklich) und der sagte, wir würden eh nass werden, von daher sei es egal, dass es jetzt regnete.
Auf der Ladefläche eines Pickups gings es zusammen mit einem jungen Paar aus der Schweiz über „Stock und Stein“ in die Wildnis.
Der „Wanderweg“, als solcher kaum zu erkennen, ging durch tiefsten Dschungel und an mehreren Stellen wurde es so steil, dass unser Guide ein Seil an einen Baum oder was auch immer knotete, und wir uns abseilen mussten.
Dann kamen wir an die ersten Wasserfälle und ab da ging es im Wasser weiter.
Einen Wasserfall sind wir am Seil hochgeklettert!
Nebenbei bemerkt – ich habe Höhenangst…
Gesichert wurden wir im Übrigen nicht und die Steine im und rund um die Wasserfälle waren total rutschig.
Spaß gemacht hatte es trotzdem, sofern man nicht über das Risiko nachdachte oder runter guckte.
Am Ende der Tour kamen wir noch an einem großen Pool an, in dem wir baden konnten.
Dann ging es quer durch den Dschungel und durch Kaffeeplantagen zurück an einen Weg, wo wir dann wieder von dem Pickup aufgesammelt wurden.
Wir gönnten uns eine weitere kühle Nacht an der Laguna Verde, ein Kratersee eines ehemaligen Vulkans.
Hier wurden wir von acht (!) Polizisten gesichert, da es an Sehenswürdigkeiten häufig zu Diebstählen und Überfällen kommt.
Nachts rückten sie zwar ab, aber außer zwei, drei Einheimischen Anglern und ein paar wilden Hunden bekamen wir zum Glück niemanden zu sehen.
Und dann entschieden wir uns zum Pazifik zu fahren. Uli wollte sich von Mel in die Künste des Surfens einweisen lassen…
Meer hieß aber auch Hitze.
Mel war einige Tage auf dem Cocolito Campingplatz gewesen, aber inzwischen weitergezogen.
Wir blieben dann auch nur eine Nacht, da die sanitären Anlagen, wie bereits oben beschrieben, sehr primitiv waren.
Da wir seit Mexiko nicht mehr so einfach an Süß- bzw. Trinkwasser kamen, mussten wir beim Duschen sehr, sehr sparsam sein.
Also fuhren wir ihr und Benji nach El Tunco hinterher – DAS Surfer Eldorado El Salvadors.
Und wie der Zufall es wollte, fanden hier gerade die Qualifikationen der Surfer für die Olympiade in Paris 2024 statt.
Entsprechend viel war hier los.
Wir bekamen zum Glück noch einen Platz auf einem Campingplatz, bei dem WC und die Duschen ok waren.
Allerdings waren die Strände während der Qualifikationen gesperrt und Zuschauer waren auch nicht wirklich eingeplant, was ein bisschen schade war.
So schwitzten wir auf dem Campingplatz vor uns hin, Uli machte ein paar Wartungsarbeiten am Unimog, während ich die Wäsche (per Hand) wusch.
Wir bekamen auch noch neue, alte Nachbarn – ein Paar aus Belgien, die wir bereits in Guatemala am Atitlan See und in Antigua getroffen hatten und ein Paar aus Frankreich, die seit drei Jahren in Whitehorse im Yukon (Kanada) leben.
Abends gingen wir alle zusammen essen und trafen noch Mel und Benji, die direkt im Ort untergekommen waren.
Wir gaben den Pupusas nochmal eine Chance – aber sie kamen um Längen nicht mit den Tacos in Mexiko mit.
Kurzfristig trennten sich wieder unsere Wege. Mel zog es endlich ins Inland, sie kannte bisher nur den Pazifik. Die Belgier und Franzosen schlossen sich ihr an.
Wir wollten noch am Meer bleiben, „griffen“ aber voll daneben, bzw. die Beschreibung auf iOverlander war glatt gelogen und der Eintrag wurde von mir dementsprechend kommentiert.
Wir hatten danach erstmal wieder genug von schwitzen und Müll und fuhren den anderen dreien hinterher, die bereits eine Nacht an der kühlen Laguna de Alegria verbracht hatten.
Diese Laguna ist ebenfalls ein ehemaliger, mit Wasser gefüllter Vulkankrater, an dem wir wieder richtig durchatmen konnten und abends sogar ein Feuer gemacht haben – aber nicht, weil es so kalt war, sondern weil es einfach gemütlich ist.
Mel, die Belgier und die Franzosen zog es nochmal runter ans Meer – Mel wollte surfen und die anderen scheinbar schwitzen.
Sie schrieben jedenfalls alle drei, dass es furchtbar sei und sie sich fragten, warum sie nicht geblieben sind.
Nachts fing es an zu gewittern und zu regnen. Immerhin ist gerade Regenzeit und bisher haben wir davon noch nicht viel mitbekommen.
Aber jetzt regnete es noch den ganzen Vormittag lang und so beschlossen wir spontan nach Honduras weiter zu reisen.
Wir hatten nämlich für Anfang – Mitte August die Verschiffung von Panama nach Kolumbien geplant und überschlagen, dass wir für Nicaragua und Costa Rica gar nicht mehr genügend Zeit hätten, wenn wir hier noch weiter herum dümpelten.
Wir hatten auch überlegt in Honduras auf eine der traumhaftschönen Karibikinseln zu fahren und dort vielleicht die Gelegenheit zu bekommen, mit Walhaien zu schnorcheln.
Aber diese Überlegung haben wir über den Haufen geworfen, da Honduras zu den gefährlichsten Ländern der Welt gehört.
In den Städten sowieso, aber auch an abgelegenen Stränden ist Vorsicht geboten und das Land wäre nichts für Zartbesaitete, schrieb der Lonely Planet.
Auch dieser Grenzübertritt war relativ schnell erledigt.
Das was aufhielt, ist immer der temporäre Ex- und dann Import des Unimogs.
Wir fuhren nur knapp 40 km landeinwärts, weil wir auf keinen Fall im Dunkeln fahren wollten.
Der erste Eindruck von Honduras war eher ernüchternd.
Noch mehr Müll am Straßenrand, noch weniger Autos und Mopeds, dafür erstaunlich viele Reiter, Pferde- und Rinderfuhrwerke.
Hier schien die Armut noch größer zu sein.
Wir übernachteten neben einem kleinen Schwimmbad mit heißem Thermalwasser und hatten eine wirklich ruhige Nacht.
Morgens sind wir aufgrund der Hitze früh hoch und dann gings 94 km durch ein wunderschön grünes Honduras.
In einer größeren Stadt waren wir noch schnell einkaufen, da Nicaragua relativ teuer sein sollte.
Die Menschen, denen wir begegnet sind, waren genauso freundlich, wie die in El Salvador.
Vielleicht war es ein Fehler, sich Honduras nicht anzugucken.
Aber vor uns liegt noch so viel Schönes – und wie haben wir schon immer mit Yodatravels gesagt: „man kann sich ja auch nicht alles angucken“.
Mal sehen, was Nicaragua uns so bietet, die Einreise war schon mal der Hammer – aber davon dann im nächsten Beitrag.
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